BUND-Kreisgruppe Essen

Fließgewässertypen in Essen

WRRL – Ziele und gesetzlicher Rahmen

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie wurde im Jahr 2000 mit dem Ziel verabschiedet, dass die Qualität des Grundwassers und der Zustand aller Oberflächengewässer – Flüsse, Seen, Übergangs- und Küstengewässer – für kommende Generationen erhalten und verbessert werden soll. Mit Ergänzungen im Wasserhaushaltgesetz wurde die EU-Richtlinie in nationales Recht überführt. Innerhalb von drei Bewirtschaftungszeiträumen sollen bis derzeit 2027 mit sogenannten Maßnahmenprogrammen Gewässermaßnahmen entwickelt und umgesetzt werden.

Das konkrete Ziel ist die Erhaltung „des guten chemischen und ökologischen Zustandes“ (natürliche Gewässer) bzw. „des guten chemischen und ökologischen Potentials“ (erheblich veränderte Gewässer und künstliche Gewässer).

Quelle: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft

Guter ökologischer Zustand

Zur Bewertung des guten ökologischen Zustandes werden verschiedene Tier- und Pflanzengruppen im Gewässer betrachtet, darunter die Fische, die Wirbellosen (Makrozoobenthos), die Wasserpflanzen und das Phytoplankton. Sie alle sind gute Indikatoren, mit denen man die Qualität eines Gewässers abschätzen kann. Analog hierzu wird in künstlichen Gewässern wie Kanälen oder durch den Menschen stark veränderten Gewässern das Ziel eines guten ökologischen Potentials angestrebt. Die Bewertung erfolgt jeweils in fünf Klassen:

Zusätzlich werden zur Unterstützung der zusammengefassten Ergebnisse der einzelnen Tier- und Pflanzengruppen, den sogenannten biologischen Qualitätskomponenten, hydromorphologische und physikalisch-chemische Parameter herangezogen.

     hydromorphologische Parameter

In die Bewertung gehen hier Komponenten und Parameter zum Wasserhaushalt, der Durchgängigkeit und der Morphologie des Gewässers ein.:

Befindet sich beispielsweise ein Wehr im Gewässer oder ist es über eine längere Strecke verrohrt?

Hiermit wäre die Durchgängigkeit für Fische und die Wirbellosen möglicherweise eingeschränkt.

Sind die Ufer und/oder die Gewässersohle durch den Menschen befestigt worden?

Hiermit wäre die Gewässerstruktur weniger vielfältig als im natürlichen Zustand, es sind weniger Teillebensräume (z. B. Uferabbrüche, in das Bachbett hineinreichende Wurzeln etc.) für Organismen vorhanden (Morphologie).

Ist das Einzugsgebiet des Gewässers überwiegend bebaut oder versiegelt?

Hierdurch kann die Wasserführung des Gewässers eingeschränkt sein, da weniger Regen im Boden versickern und dem Gewässer zugeführt werden kann (Wasserhaushalt).

     chemisch-physikalische Parameter

Bei der Bewertung der chemisch-physikalischen Qualität werden Parameter wie die Wassertemperatur, der Sauerstoffgehalt, der pH-Wert oder die Nährstofffracht des Gewässers betrachtet.

Die unterstützenden Parameter dienen als Ergänzung zur Bewertung des ökologischen Zustands. Sie helfen bei der Interpretation der Ergebnisse, der Ursachenfindung bei mäßigen oder schlechten Bewertungen und bei der Planung von gewässerökologischen Maßnahmen.

Guter chemischer Zustand, gutes chemisches Potential

Mit Hilfe sogenannter Umweltqualitätsnormen (= Grenzwerte) für Schadstoffe – im Moment sind es 45 verschiedene Stoffe darunter zahlreiche Pestizide – wird der chemische Zustand des Gewässers bewertet. Allerdings wird hier nur zwischen den beiden Bewertungsstufen gut und nicht gut unterschieden.

Selbst bei einer Grenzwertüberschreitung von nur einem der 45 Stoffe, wird der chemische Zustand des Gewässerabschnitts mit nicht gut bewertet.

Soll-Zustand – Gewässertypologie

Zur Feststellung von Defiziten eines Gewässers wird der heutige Zustand des Gewässers (Ist-Zustand), der z. B. durch Einleitungen, Befestigungen oder Stauelementen durch den Menschen beeinflusst sein kann, mit dem natürlichen Zustand des Gewässers, d.h. ohne Einfluss des Menschen, verglichen (Soll-Zustand).

Nun ist jedoch ein Mittelgebirgsbachs in seiner äußeren Erscheinung, seinem geologischen Untergrund und seiner Lebewesen völlig verschieden im Vergleich zu einem Bach des Tieflandes, sodass es nicht DEN natürlichen Zustand eines Baches gibt. Aufgrund dessen wurden die Gewässer in Deutschland in insgesamt 14 unterschiedliche Gewässertypen kategorisiert. Zu jedem einzelnen Gewässertypen wurde ein Steckbrief mit seinen spezifischen Eigenschaften und Erkennungsmerkmalen verfasst. Im ELWAS sind außerdem die Fließgewässer in NRW mit ihren Gewässertypen grafisch dargestellt. Der Vergleich von Ist- und Soll-Zustand und die Einteilung in Gewässertypen hilft dabei zu erkennen, ob ein Gewässer durch den Menschen verändert wurde oder ob es sich um ein naturbelassenes Gewässer handelt.

Unsere Stadt Essen liegt zwischen Mittelgebirgsausläufern im Süden und dem flachen Münsterland im Norden. Daher sehen unsere Gewässer mit fünf der 14 möglichen Gewässertypen schon recht unterschiedlich aus.

Zu diesen fünf Gewässertypen gehören:

  • „Typ 5: Grobmaterialreicher, silikatischer Mittelgebirgsbach“

Charakteristisch für den Bach ist ein Wechsel von flachüberströmten Bereichen in denen das Wasser sehr schnell fließt und tieferen, ruhigeren Bereichen. Da wir uns im Mittelgebirge befinden und das Gelände recht steil ist, fließt das Wasser insgesamt relativ schnell und turbulent. Deshalb finden wir im Gewässerbett eher größere, grobe Substrate wie Steine, Schotter oder Kiesel – feineres Sediment kann sich hier nur in den ruhigeren Bereichen ablagern.

  • „Typ 7: Grobmaterialreicher, karbonatischer Mittelgebirgsbach“

Charakteristisch für den Bach ist ein Wechsel von flachüberströmten Bereichen in denen das Wasser sehr schnell fließt und tieferen, ruhigeren Bereichen. Das Besondere an diesen Bach ist, dass er phasenweise in einigen Abschnitten trockenfällt und einfach „verschwindet“. Dabei verschwindet er natürlich nicht wirklich, sondern fließt im Untergrund weiter. Dieser Umstand ist darauf zurückzuführen, dass der Untergrund aus Kalkstein besteht. Der Kalk wird von der im Wasser enthaltenen Kohlensäure nach und nach gelöst und es entstehen Hohlräume (so entstehen auch Tropfsteinhöhlen) in denen der Bach weiterfließt.

  • „Typ 6: Feinmaterialreicher, karbonatischer Mittelgebirgsbach“

Charakteristisch für diesen Bachtyp ist das tief eingeschnittene, kastenförmige Bachbett. Häufig findet man überhängende Ufer mit Uferabbrüchen. Die Bachsedimente sind fein und bestehen überwiegend aus Lehm, Löss, Schluff und Feinsanden. Da sich die kleinen Tonteilchen im Wasser lange in der Schwebe halten, ist das Bachwasser meist trüb und es heizt sich in den Sommermonaten stärker auf als klare Bäche.

  • „Typ 18: Löss-lehmgeprägter Tieflandbach“

Gewässertyp 18 weist die höchste natürliche Einsschnitttiefe aller Gewässertypen auf. Der Bach fließt natürlicherweise in unregelmäßigen Bögen und hat sehr steile, fast senkrechte Prallhänge. Aufgrund der bindigen Ton- und Lehmsubstrate sind die Prallhänge dennoch stabil. Das Wasser ist durch die schwebenden, kleinen Tonteilchen häufig milchig-trüb. Ton ist im Gegensatz zu Sand oder Kies nur schlecht wasserdurchlässig, sodass dort wo sich Ton im Gewässer und der umliegenden Aue ab-lagert, wasserstauende Schichten entstehen.

  • „Typ 19: Kleines Niederungsfließgewässer in Fluss- und Stromtälern“

Der Gewässertyp 19 wie er z.B. im Unterlauf der Berne ausgebildet ist äußerst gefällearm. Er entsteht nur im Auen- und Überflutungsbereich breiter Flusstäler. Dabei fließt er über die Substrate, die von dem größeren Fluss, im Fall der Berne von der Emscher, im Laufe der Jahrtausende dort abgelagert wurden. Charakteristisch ist der geschwungene, mäandrierende Verlauf des Bachs, sowie der Wechsel von Fließ- und Stillwassersituationen und ausgeprägte Wasserpflanzen- und Röhrichtflächen.