BUND-Kreisgruppe Essen

Fragen und Antworten zum Thema Schottergärten

03. April 2024

Seit dem 1. Januar 2024 gilt in NRW eine geänderte Fassung der Landesbauordnung. Ein viel diskutierter Inhalt: der „Schottergarten-Paragraf“. Der neuen Regelung zufolge sind Schotterungen und Kunstrasen nunmehr ausdrücklich als nicht zulässige Gestaltungen von Grünflächen genannt. Dennoch kursieren zahlreiche irritierende Darstellungen in der Presse.

Gibt es eine neue Rechtslage?

Im Grund nicht, denn die Pflicht zur Begrünung der nichtüberbauten Flächen besteht bereits seit 1984! Es wurde nur der entsprechende Paragraf der Landesbauordnung konkretisiert. Eine neue Rechtslage ist nicht entstanden, auch wenn viele Pressemitteilungen dies suggerieren. Wäre eine neue Rechtslage entstanden, würde das bedeuten, dass Anlagen erst seit dem 1.1.2024 unrechtmäßig sind und bereits bestehende Bestandsschutz genießen. Das ist falsch: Schottergärten waren und sind verboten. Wer sie anlegt handelt und handelte rechtswidrig. Auch die entsprechenden Gartenbauunternehmen.

Position der Stadt Essen

Die Stadt Essen verweist auf ihrer Internetseite mit einem eigenen Beitrag korrekterweise auf die ökologischen (v. a. klimatisch) negativen Auswirkungen. Eher allgemein bleibt sie aber bei der rechtlichen Bewertung: „Die Landesbauordnung NRW setzt bereits fest, dass nicht überbaute Flächen „wasseraufnahmefähig zu belassen“ sowie „zu begrünen und zu bepflanzen“ sind. Eine weitere Verschärfung der Gesetzeslage soll folgen.Besser wäre es Ross und Reiter zu nennen: Schottergärten sind und waren rechtswidrig.

Warum passiert (nicht nur in Essen) so wenig?

Die mit der Versiegelung einhergehenden Probleme sind in Zeiten der Klimakrise (Hitze, Starkregen) offenkundig und Gegenstand vielfältiger Diskussionen.

Warum wird also so wenig gehandelt? Drei Stichworte: Problembewusstsein in Verwaltung und Politik, personelle Ressourcen der Verwaltung, Mut zum Konflikt.

Wege zur flächenhaften Analyse

Die Stadt Herford hat den Kampf gegen Schottergärten aufgenommen. „Wir benutzen dafür das offizielle Geoinformationssystem des Landes NRW. Die Luftbilder haben eine sehr hohe Auflösung und lassen sich mit einem Infrarot-Filter kombinieren, der Pflanzen rot eingefärbt anzeigt und unbepflanzte/unbegrünte Flächen grau. In diesen Karten markieren wir die Verdachtsfälle und diese werden dann vom Außendienst kontrolliert und fotografiert. Der Eigentümer wird schriftlich aufgefordert, den Schottergarten zurückzubauen.“

Sollte nach einer Frist von sechs Monaten (verlängert durch mind. eine Pflanzsaison) kein Rückbau erfolgt sein, wird ein Bauordnungsverfahren eingeleitet. Hier wird der Rückbau unter Androhung eines Zwangsgeldes angeordnet.

Aufklärung und Freiwilligkeit oder Ordnungsrecht?

Die Stadt Herford hat sich seit Jahren um die Beseitigung von Schottergärten bemüht und dabei zunächst auch ausdrücklich auf Freiwilligkeit gesetzt. Olaf Laß von der Stadt Herford im Interview mit dem BUND Mettmann: „Leider konnte kein einziger Bürger auf diesem Wege erreicht werden. Die Erfahrung zeigt sehr häufig, dass alle den Umwelt- und Naturschutz für sehr wichtig halten. Dieser hat aber oft auf dem eigenen Grundstück leider dann Pause, da man sich ja mit seinem Umfeld beschäftigen muss. Kaum einer möchte in seinem Garten einen Maulwurf oder gar ein paar Wildkräuter haben. Um diese Ziele durchzusetzen, musste die Stadtverwaltung daher leider den Weg der Anordnung gehen.“

Finanzielle Förderung für den Rückbau?

Wohl kaum. Finanzielle Zuschüsse kommen letztlich aus Steuergeldern. Die Beseitigung eines unrechtmäßig entstandenen Zustandes kann nicht Gegenstand einer öffentlichen Förderung sein. Öffentliche Mittel zielgerichtet und mit klaren räumlichen und fachlichen Prioritäten einzusetzen, ist schon schwierig genug. Die Stadt Essen muss ihre begrenzten Mittel dazu einsetzen, sinnvolle Investitionen in die Zukunft zu fördern, für die es keine gesetzlichen Grundlagen gibt.

In Heiligenhaus hat sich die Politik in 2023 mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, eine ursprünglich vorgesehene Förderung der Beseitigung in einen Förderpreis für naturnahe Gärten umzuwandeln.

Vorgartenpolizei?

Essens Nachbarstadt Heiligenhaus und neuerdings auch die Stadt Erkrath (ebenfalls im Kreis Mettmann) haben begonnen, Schottergarten-Eigentümer*innen anzuschreiben und zum Rückbau aufzufordern. Nach Einschätzung des BUND Essen ist das weit weg von einer „Vorgartenpolizei“ und dennoch wirksam.

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