BUND-Kreisgruppe Essen

Interview mit Marie-Rose Joos

 (Martin Kaiser)

Immer wieder kommt Kritik von einzelnen Mitgliedern an zu wenig Außenwirkung der BUND-Kreisgruppe. Als langjähriges Vorstandsmitglied bist du die „Ausputzerin“ mit Allzuständigkeit (Mails beantworten, Veranstaltungen organisieren, Anfragen schreiben usw.). Bitte erläutere mal, was an „unsichtbarer Arbeit“ jede Woche beim Vorstand anfällt.

Für den Vorstand kann ich nicht sprechen, nur für mich selbst. Wahrscheinlich mache ich von der Kreisgruppe die meiste Orga-Arbeit, z.B. um eine Standbesetzung hinzukriegen, mache ich vorher einen Telefonrundruf an alle Aktiven, da eine persönliche Ansprache viel motivierender wirkt als eine Mail, kostet natürlich sehr viel Zeit. „Unsichtbar“ ist auch die Vorbereitungsarbeit für Veranstaltungen in der VHS und im Politischen Salon, mit denen ich mir viel Mühe gebe, für die ich mir allerdings etwas mehr Wertschätzung wünschen würde. Unsichtbar bleiben auch meine Aktivitäten, Kommunikation und Kooperation innerhalb der Gruppe zu verbessern. Zum Glück ist Unsichtbarkeit nicht gleichbedeutend mit Unwirksamkeit!

An deine Antwort könnte sich evtl. diese Frage anschließen: Wie schaffst Du, aber auch die anderen im Vorstand oder im engeren Kreis der Aktiven es, sich in die vielfältigen Fragenstellungen einzufinden, um angemessen reagieren zu können. Gibt es einen festen Stamm von Berater*innen oder hältst du einen solchen für sinnvoll?

In Naturschutzfragen arbeite ich mich in der Regel selbst ein, für Fragen zum Verkehr, zu Immissionen, technischen Details bei Planungen, zu Altlasten etc., ziehe ich Leute aus den Landes- oder Bundesarbeitskreisen, vom Landesbüro, Fachreferenten des BUND Landes- und Bundesverbandes und Vertreter anderer Institutionen hinzu. Oft muss ich erst mal recherchieren, wer mir weiterhelfen kann; bei BImSch-Verfahren und Altlastenfragen, bei manchen Verkehrsaspekten weiß ich sofort, mit wem ich Kontakt aufnehmen sollte. Da die Zuständigkeiten öfter wechseln und manche Mitarbeiter befristete Verträge haben, macht es wenig Sinn, Listen zu erstellen für die Bearbeiter von Stellungnahmen, die würden sich zu schnell überholen. Die Kontakte der wenigen „festen“ Ansprechpartner passen auf einen Zettel, ansonsten hilft nur das Herumtelefonieren.

An deine Antwort könnte sich evtl. folgende Frage anschließen: Die Kreisgruppe Essen arbeitet ausschließlich ehrenamtlich, anderenorts haben lokale Naturschutzgruppen auch feste Mitarbeiter. Ist das eine Perspektive oder kommt es gerade auf die Ehrenamtlichkeit an?

Für ein paar Jahre hatten wir „1-€-MitarbeiterInnen“: unseren ersten klimafreundlichen Kochkurs habe ich mit Anke Hülsermann, unserer zweiten Mitarbeiterin, organisiert und durchgeführt. Anke hat auch unser wunderschönes Schmetterlingspuzzle gebastelt. Damit die Mitarbeiter gute Ergebnisse erzielen, brauchen sie allerdings eine enge Betreuung durch jemanden aus der Kreisgruppe, der möglichst auch während des Tages Zeit hat. Bei den Bundesfreiwilligen heute wird das nicht anders sein. Aber ja, beim nächsten Plenum sollten wir diese Möglichkeit noch mal abklopfen.

Reguläre Beschäftigungsverhältnisse lassen sich ausschließlich dann schaffen, wenn man große Projekte auf den Weg bringt und diese fördern lässt in Fördermaßnahmen, die auch Personalkosten umfassen. Wie steinig dieser Weg ist, sehen wir am Wassernetz NRW, das aufgrund dieser Konstruktion nicht durchgängig arbeitsfähig ist.

Als Vorstandmitglied hast du dich bereits einmal kurz auf der Website vorgestellt und darauf hingewiesen, dass du aus der Anti-AKW Bewegung kommst. Du hast aber auch eine zweite „Heimat“ in der Eine-Welt Arbeit. Gab es für das eine wie das andere konkrete Anstöße, dich zu engagieren?

Ich sortiere mal auf der Zeitschiene: Mit 14 Jahren habe ich mich mit den Folgen des Kolonialismus beschäftigt, dann bis zum Studium war ich in Anti-Apartheid-Initiativen aktiv. Ich komme aus einem politisch sehr aufmerksamen Elternhaus (der Nationalsozialismus war oft Thema bei uns), sodass ich mich früh gegen systematische Unterdrückung einsetzen wollte. Während des Studiums in Bonn (ab 1976) lernte ich die dortige Anti-Atom-BI kennen. Parallel dazu gab es am Institut für Angewandte Zoologie Seminare zum Thema Bundesebene. Als Studenten erhielten wir auch Einblicke in Fakten, die nicht öffentlich gemacht wurden, wenn wir z.B. Sektempfänge mit Forschern und Industrievertretern veranstalteten. Die offiziell immer bestrittene Verknüpfung von ziviler und militärischer Nutzung lag so auf der Hand, dass ich nur mit Mühe den Wunsch, Bomben auf AKW zu werfen, beherrschen konnte. Deshalb wandte ich mich ganz anderen Themen wie der Stadtnatur zu, was die Bonner BUND Kreisgruppe beackerte. Ich war noch nicht Mitglied, konnte aber mitkartieren und mal am Stand stehen. Als ich nach dem Studium in Essen eine Stelle fand, trat ich in den BUND ein und in die noch kein Jahr alte Kreisgruppe Essen.

Auf der Website des BUND-Essen finden sich regelmäßig Rezepte von Dir. Wie kommst du zu diesen und welche Bedeutung hat das ökologisch-bewusste Kochen in deinem Alltag?

Schon seit ca. 2 Jahrzehnten esse ich ganz überwiegend vegetarisch. Das Argument, dass vegetarisch/vegane Ernährung sehr viel besser fürs Klima ist als konventionelle, ist in den vergangenen Jahren zu den Aspekten des Tier- und Bodenschutzes sowie des Flächenverbrauchs hinzugekommen. Wenn ich sehr wenig Zeit habe, mache ich Polenta mit Pesto und z.B. ein paar Tomaten, aber am Wochenende probiere ich gern neue Rezepte aus, die ich im Netz oder der Bibliothek suche und sammle. Das Rezept für Grünkohl, das auf unserer Website steht, habe ich von der BUND Kreisgruppe Dortmund, die jährlich nachhaltige Kochkurse anbietet.