Den aktuellen Auftakt machte die rechtskonservative Tageszeitung „Die Welt“ aus dem Hause Springer: „Die NGOs sind in Deutschland längst ein Staat im Staate – und greifen, von der Bundesregierung mit Steuergeldern finanziert, in die demokratische Willensbildung ein. Wer eine andere Politik in Deutschland will, muss die manipulative Macht dieser verfassungswidrigen Institutionen brechen.“ (Die „Welt“, 11.02.2025).
BUND als Teil des „Deep State“?
Der Titel des Links zur Veröffentlichung wird noch deutlicher: „Der deutsche Deep State und seine gefährliche Macht“. „Deep State“ ist einer der zentralen Kampfbegriffe der Rechten, Ultrarechten und Verschwörungstheoretikern in den USA - und der BUND ist Teil eines deutschen Deep State?
Bereits einen Tag vor der Bundestagswahl unterzeichnet, wurde eine Kleine Anfrage der CDU/CSU Bundestagsfraktion mit insgesamt 551 Fragen veröffentlicht (Fragebogen), wie Spiegel und Tagesschau berichten. Die Fragen richten sich neben dem BUND u. a. auch gegen Correctiv, Campact, Attac, Amadeu Antonio Stiftung, die Tierschutzorganisationen Peta und Animal Rights Watch, auf Foodwatch, Deutsche Umwelthilfe, das Netzwerk Recherche sowie Agora Agrar und Agora Energiewende. Der NABU und die Kirchen sind noch nicht im Visier.
Versteckspiel als erster Schritt?
Bemerkenswert ist, dass sich die CDU nicht zu einer eigenen Position durchringen kann, sondern nebulös von „sorgt aktuell zunehmend für Debatten“ (wo, außer in der rechtskonservativen Szene?) „… Die Kritik … geht jedoch über einzelne Proteste hinaus“ (wessen Kritik?) „manche Stimmen“ (wessen Stimmen?).
Die Fragen sind nicht entscheidend – die Botschaft steht im Text
Doch bereits im Vorspann des Fragenkatalogs gibt es den einen Satz, der die Richtung gegen den BUND verdeutlicht: „Ähnliche Vorwürfe [wie gegen Omas gegen Rechts] gibt es gegenüber Umweltorganisationen wie dem BUND, die sich in politische Debatten einmischen. Während sie argumentieren, dass Umweltpolitik untrennbar mit politischen Entscheidungen verbunden sei, kritisieren Staatsrechtler, dass solche Aktivitäten über den eigentlichen gemeinnützigen Zweck hinausgehen.“
Der BUND mischt sich in politische Debatten ein – richtig so!
Abseits der noch zurückhaltenden eigenen Positionierung der CDU wird in genau diesem Satz der Kern der Auseinandersetzung deutlich: NGOs wie der BUND sollen sich gefälligst nicht in politische Debatten einmischen. Aber genau darin sehen wir unsere Aufgabe: kritisch, konstruktiv und wo es mit unseren Mitteln möglich ist auch proaktiv.
Auf den Spuren Putins – was tut ihr da?
Angst machen muss die Frage Nr. 436: „Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob der BUND e. V. von internationalen Organisationen oder NGOs aus dem Ausland Gelder erhält, und wenn ja, welche sind das und wie viel?“ Sind das nicht genau die Fragen, die auch Putin, Erdogan, Orban gestellt und mit Gesetzen gegen unliebsame NGOs als „feindliche Agenten“ beantwortet haben. Will sich die CDU in diese Gesellschaft begeben?
Petition unterzeichnen
Bei Campact (ebenfalls Teil des Angriffs) gibt es bereits eine Petition zur Kleinen Anfrage der Union.
Einige Antworten (auf die „Fragen“ der CDU)
Wir können nicht alle 32 gegen den BUND gerichteten Fragen der CDU beantworten. Die schlichten (und teils fehlerhaften Formulierungen) lassen oftmals auch ein schlichtes „Ja“ oder „Nein“ als Antwort zu, was zeigt, dass dem Katalog weniger das Interesse an Antworten zugrunde liegt, als dass es sich um das Startsignal zum Angriff auf Kritiker, zum Merz’schen Rachefeldzug handelt.
Dennoch erste kurze Antworten auf einige der „Fragen“.
419. Erfüllt der BUND e. V. aus Sicht der Bundesregierung ausschließlich gemeinnützige Zwecke gemäß der Abgabenordnung (§ 52 AO), und wenn ja, welche?
420. Wie definiert der BUND e. V. seine gemeinnützigen Tätigkeiten und wie grenzt es sich von parteipolitischer Einflussnahme ab?
Dazu reicht ein Blick in die Satzung.
421. Gibt es Fälle, in denen der BUND e. V. explizit für oder gegen eine Partei geworben hat?
Der BUND hat sich bekanntermaßen explizit gegen die AfD und deren Umweltpolitik gewendet und das bereits seit vielen Jahren. Auch in Essen haben wir uns klar positioniert. Und wir befinden uns in guter Gesellschaft … Aber: kommt nicht jede Analyse von Parteiprogrammen zu Ergebnissen, bei denen Parteien unterschiedlich gut abschneiden?
422. Wann wurde die Gemeinnützigkeit des BUND e. V. letztmalig durch das zuständige Finanzamt geprüft?
423. Wurde Der BUND e. V. in der Vergangenheit wegen parteipolitischer Betätigung abgemahnt oder verwarnt?
424. Wie groß ist der Anteil der finanziellen Mittel von Der BUND e. V., der aus staatlichen Förderprogrammen stammt?
„Der BUND e.V.“ existiert nicht. Wir hoffen, es ist nicht Ausdruck genereller Verachtung, wenn selbst der Name falsch geschrieben wird.
425. Wie hoch ist der Anteil der Spenden aus der Wirtschaft oder von parteinahen Stiftungen an den BUND e. V.?
426. Gibt es direkte Verbindungen zwischen dem BUND e. V. und bestimmten Parteien oder politischen Akteuren?
Beim BUND kann jede*r Mitglied werden. Auch Mitglieder der CDU sind willkommen. Leider sind CDU-Mitglieder gegenüber denen anderer Parteien erkennbar unterrepräsentiert. Liegt das am BUND? Wenn Sie sich den satzungsgemäßen Zielen des BUND verpflichtet fühlen, werden Sie Mitglied!
427. Haben (ehemalige) Vorstände oder Führungspersonen des BUND e. V. politische Ämter oder enge Verbindungen zu Parteien?
428. Inwiefern beeinflusst der BUND e. V. politische Entscheidungsprozesse oder Gesetzesvorhaben nach Einschätzung der Bundesregierung?
Leider zu wenig. Klimakrise, Biodiversitätskrise und Demokratiekrise würden deutlich mehr Einfluss des BUND und der Zivilgesellschaft erfordern. Der BUND bietet sich als konstruktiv-kritischer Diskussionspartner an. Wir drängen uns aber nicht auf.
429. Gibt es Hinweise darauf, dass der BUND e. V. gezielt gegen bestimmte Parteien oder Politiker Kampagnen führt?
Die klaren Äußerungen insbesondere gegen die AfD und ihre Umweltpolitik waren auch mal von der CDU geteilt.
430. Unterstützt der BUND e. V. politische Demonstrationen oder Proteste mit ihren finanziellen Mitteln?
431. Werden staatliche Fördergelder, die der BUND e. V. vereinnahmt hat, nach Einschätzung der Bundesregierung für parteipolitische Zwecke zweckentfremdet?
432. Gibt es Kooperationen zwischen der BUND e. V. und parteinahen Stiftungen wie der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der Heinrich-Böll-Stiftung, der Friedrich-Ebert-Stiftung oder der Desiderius-Erasmus-Stiftung?
Na sicher. Mit der Heinrich-Böll-Stiftung gibt der BUND beispielsweise den Bodenatlas, den Wasseratlas und den Fleischatlas heraus. Warum müssen sich Ministeriale damit beschäftigen diese Frage mit „Ja“ zu beantworten? Gerne würden wir hören, dass die Konrad-Adenauer-Stiftung mit dem BUND kooperiert.
433. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse dazu, dass Parteien Einfluss auf die Entscheidungsstrukturen innerhalb des BUND e. V. haben, und wenn ja, welche?
Haben „die Parteien“ nicht letztlich immer Einfluss auf Entscheidungen und ihre Strukturen? Jede Entscheidung der Parteien, die gegen die Interessen der Gesellschaft und ihrer Zukunft gehen, haben Einfluss
434. Gibt es Verbindungen zwischen dem BUND e. V. und Regierungsbehörden, die ihre Finanzierung sicherstellen?
Verbindungen? Beginnen die nicht schon damit, dass ein Antrag auf Finanzierung gestellt wird? Wie anders könnte die Antwort also lauten als „Ja“?
435. Welche öffentlichen Fördermittel erhält der BUND e. V. und aus welchen Einzelplänen stammen sie?
436. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob der BUND e. V. von internationalen Organisationen oder NGOs aus dem Ausland Gelder erhält, und wenn ja, welche sind das und wie viel?
Das fragen Putin, Erdogan, Orban auch – und haben Gesetze gegen NGOs als feindliche Agenten erlassen. Will sich die CDU in diese Gesellschaft begeben?
437. Verwendet der BUND e. V. Drittmittel oder Projektfinanzierungen ausschließlich für gemeinnützige Zwecke, und wenn ja, welche?
438. Hat der BUND e. V. in den letzten Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?
439. Sieht die Bundesregierung in der Website von dem BUND e. V. (www.bund.net/) eine parteipolitische Tendenz, und wenn ja, wie beurteilt sie diese Tendenz vor dem Erfordernis der parteipolitischen Neutralität?
Man formuliere den Beginn der „Verlorenen Ehre der Katharina Blum“ von Heinrich Böll einfach zielführend um und wird die Antwort erhalten: „Personen und Handlung dieser Erzählung sind frei erfunden. Sollten sich bei der Schilderung gewisser journalistischer Praktiken Ähnlichkeiten mit den Praktiken der Bild-Zeitung ergeben haben, so sind diese Ähnlichkeiten weder beabsichtigt noch zufällig, sondern unvermeidlich.“
440. Nimmt nach Einschätzung der Bundesregierung der BUND e. V. oder seine rechtlichen Vertreter aktiv an Wahlkämpfen teil oder ruft zur Wahl bestimmter Parteien auf?
Wir rufen auf jene Parteien zu wählen, die den Interessen einer nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung am ehesten entspricht und analysieren dazu auch die Parteiprogramme. Das ist aktive gesellschaftliche Teilnahme an Wahlkämpfen.
441. War der BUND e. V. nach Erkenntnissen der Bundesregierung in der Vergangenheit an politischen Kampagnen beteiligt, und wenn ja, welche?
Jede „Kampagne“ des BUND ist letztlich eine politische Kampagne. Denn „Umweltpolitik ist untrennbar mit politischen Entscheidungen verbunden“.
442. Wie wird sichergestellt, dass die Aktivitäten von dem BUND e. V. nicht gegen das parteipolitische Neutralitätsgebot verstoßen?
443. Gibt es Belege dafür, dass der BUND e. V. einseitige Narrative in politischen Debatten fördert und wenn ja, welche?
Gegenfrage: Gibt es Hinweise darauf, dass CDU/CSU einseitige Narrative fördern?
444. Wie beeinflusst der BUND e. V. die mediale Berichterstattung über politische Themen?
Genauso wie CDU/CSU auch. Mit Pressemitteilung, Hintergrundgesprächen etc. – bedauerlicherweise viel weniger erfolgreich. (Oder meint die Frage, dass „politische Themen“ solche sind, aus denen sich der BUND raushalten soll, weil sie Parteien vorbehalten sind?)
445. Gibt es nach Erkenntnissen der Bundesregierung wissenschaftliche Studien, die den Einfluss von dem BUND e. V. auf die öffentliche Meinungsbildung untersuchen?
446. Werden von dem BUND e. V. gezielt politische Gegner diskreditiert oder diffamiert, und wenn ja, welche und wie beurteilt die Bundesregierung dies vor dem Hintergrund der Förderung?
Der BUND hat keine „politischen Gegner“, sondern „Gegner des Umweltschutzes in der Politik“.
447. Haben die Kampagnen von dem BUND e. V. nach Einschätzung der Bundesregierung direkte Auswirkungen auf Wahlergebnisse oder politische Entscheidungen?
s. Antwort auf Frage 444
448. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Stellungnahmen von Staatsrechtlern, die die Aktivitäten von dem BUND e. V. im Hinblick auf das Neutralitätsgebot bewerten?
Das steht doch in den Pressartikeln, die Grundlage der kleinen Anfrage sind.
449. Sind nach Auffassung der Bundesregierung die politischen Aktivitäten von dem BUND e. V. mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Chancengleichheit der Parteien vereinbar?
Der BUND könnte die Chancengleichheit verletzten? Echt? Nur mal kurz zum Thema Chancengleichheit: „Die politischen Parteien müssen danach die gleichen Möglichkeiten haben, an dem Willensbildungsprozess der Gesellschaft mitzuwirken. Der Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien bedeutet bei einer Wahl, dass die Rechtsordnung jeder Partei grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten im Wahlkampf und Wahlverfahren und damit die gleiche Chance im Wettbewerb um die Wählerstimmen gewährleistet. Es müssen jedoch nicht Unterschiede ausgeglichen werden, die sich aus der unterschiedlichen Größe, Leistungsfähigkeit und politischen Zielsetzung der Parteien ergeben. Der Staat muss lediglich alle Parteien formal gleich behandeln; für eine Ungleichbehandlung müssen zwingende Gründe vorliegen.
450. Welche Unterschiede bestehen zwischen dem BUND e. V. und klassischen Wohltätigkeitsorganisationen wie dem Roten Kreuz oder den Tafeln?
451. Hat sich der BUND e.V. nach Kenntnis der Bundesregierung in der Vergangenheit Kritik an seiner Gemeinnützigkeit ausgesetzt gesehen, und wenn ja erfolgreich gegen Kritik gewehrt?