„Ein städtebauliches Juwel ist die Margarethenhöhe, die als eines der schönsten Beispiele für die deutsche Gartenstadtidee gilt“, so formuliert es die Stadt Essen in ihrer Tourismuswerbung. „Dann handelt auch so“, ruft ihr daher ein breites Bündnis aus Architekten, Stadtplanern, Denkmalschützern sowie Umwelt- und Verkehrsinitiativen entgegen und widerspricht der städtischen Idee, eine der zentralen Grünflächen dieses „Juwels“ zu einem weiteren Parkplatz zu machen, um dann „perspektivisch“ gegen verkehrsgefährdendes Parken an der Sommerburgstraße vorzugehen.
Hintergrund des städtischen Vorschlages ist die fast schon als selbstverständlich angenommenen Praxis, auch gegen verkehrsgefährdendes Parken auf Gehwegen nicht konsequent einzuschreiten. Dabei ist seit vielen Jahren bekannt, dass auf den Bürgersteigen der Sommerburgstraße teilweise nur noch so geringe Restbreiten verbleiben, dass Fußgänger, Menschen mit Kinderwagen oder Rollator oder auch Rad fahrende Kinder auf die Straße ausweichen müssen. In der gesamten Margarethenhöhe gibt es mehrere Hundert illegaler Parkplätze.
Doch trotz intensiver Öffentlichkeitsarbeit des FUSS e.V. blieb die Situation bis heute unverändert. Vielmehr wurde in der Presse teilweise ein Rechtsverständnis zum Ausdruck gebracht, die Anwohner*innen könnten das „unter sich“ ausmachen.
Die Verwaltung möchte die Politik im Dezember beschließen lassen, dass sie keine Bedenken dagegen erhebt, das Planungskonzept zum „Parkplatz Kirchwiese“ an der Metzendorfstraße weiter auszuarbeiten. Die Unterzeichner des Offenen Briefes bringen ihre gegenteilige Position zum Ausdruck – und sie wissen mit Prof. Rainer Metzendorf den Enkel des Namensgebers für die Straße an ihrer Seite.
Die Unterzeichner haben sich in dreierlei Hinsicht klar positioniert:
- Sicherheit geht vor – das trifft auf der Margarethenhöhe insbesondere die Sommerburgstraße, wo Fußgänger teilweise auf die Straße ausweichen müssen, um noch an parkenden Autos vorbei zu kommen. Verkehrsgefährdendes Parken ist kein Kavaliersdelikt, das geduldet werden kann.
- Die gemäß Vorschlag der Stadt Essen vorgesehenen neuen Parkplätze vor der katholischen Kirche werden entschieden abgelehnt – die Margarethenhöhe als eine der bedeutenden stadtgestalterischen Leistungen in Deutschland und für Essen auch in der Außenwirkung von ganz besonderer Bedeutung, hat durch die Dominanz des ruhenden Verkehrs schon zu viel verloren.
- Es gibt keine einfachen „Lösungen“. Ein „Weiter so“ ist bei der Aufteilung des öffentlichen Raumes nicht möglich. Neben vielen anderen verkehrlichen Belangen erfordert vor allem die Klimaanpassung mehr Fläche im öffentlichen Raum. Gebündelte Angebote in eher peripherer Lage sind daher konsequent zu verfolgen. Dabei sind die für Abstände zu Haltestellen des öffentlichen Verkehrs derzeit geltenden Distanzen als Anhaltspunkt für die „Zumutbarkeit“ zugrunde zu legen.
Es steht außer Frage, dass kurz- und mittelfristige Lösungen für die andauernden Probleme mit dem sog. ruhenden Verkehr in der Sommerburgstraße (und auch anderswo) gefunden werden müssen. Die Versiegelung eines baukulturell sehr bedeutsamen Platzes mitten in der denkmalgeschützten Siedlung kann aber keine Lösung sein. Erstens werden mit nur 16 Stellplätzen die Probleme der insgesamt lt. Zählung der Verwaltung 261 fehlenden Stellplätze nicht im Ansatz gelöst. Zweitens würde ein baukulturell und für die Siedlung insgesamt zentraler Platz unwiederbringlich verloren gehen.
Die Unterzeichner*innen machen in einem Positionspapier konkrete Vorschläge, die von der Schaffung bzw. Mobilisierung weiterer Stellplätze auf bereits versiegelten Flächen über die Bewirtschaftung des öffentlichen Raums und die Förderung des Umweltverbunds (ÖPNV, Rad- und Fußverkehr) bis hin zu einer Neuausrichtung der Verkehrspolitik in Essen gehen. Was anderswo in der Stadt ganz allgemein gilt, gilt für eines der wenigen verbliebenen städtebaulichen Juwele der Stadt in besonderem Maße: Die Qualität des baukulturellen Erbes und der öffentlichen Räume muss im Zentrum der Stadtentwicklungspolitik stehen.
Die Stadt Essen hat in 2024 mit ihrem Zwischenbericht zum Thema Quartiersgaragen einige bemerkenswerte Aussagen für weitere Lösungen benannt und selbst dazu aufgerufen mögliche Standorte zu Prüfzwecken zu benennen. Tatsächlich liegen aber auch mehr als ein Jahr nach Beginn eines „Flächen-Screening“, das ja naturgemäß schnell gehen soll, keine konkreten Vorschläge auf dem Tisch.
Den Offenen Brief an den Oberbürgermeister Kufen, die Fraktionen im Rat, die Bezirksvertretung III sowie die Margarethe-Krupp-Stiftung, lesen Sie hier.
Das Positionspapier mit kurzfristigen und mittelfristigen Lösungsvorschlägen lesen Sie hier.
Erstunterzeichnende
Prof. em. Dr.-Ing. Rainer Metzendorf, Stadtplaner und Architekt dwb
Dr. Axel Heimsoth, Essen
Achim Mikuscheit, ehem. zuständig für die Außenstellen des Ruhr Museums, Buchautor zur Margarethenhöhe
Günther Samsel, Architekt und Denkmalpfl eger
Andreas Holtkamp, Architekt und Denkmalpfl eger, BDA
Peter Brdenk, Architekt, BDA, Buchautor zur Essener Architekturgeschichte
Christiane Voigt, Architektin und Stadtplanerin , BDA
Michael Happe, Stadtplaner AKNW
Tobias Kloth (für den Vorstand des BDA Essen)
Martin Kaiser/Andreas Bolle (für den Vorstand der BUND-Kreisgruppe Essen)
Frauke Krüger (für den Vorstand des NABU Ruhr e.V.)
Wolfgang Packmohr (für den Vorstand FUSS e.V. Ortsgruppe Essen)
Dr. Stefan Hochstadt (für Vorstand des VCD Essen)
Marc Zietan / Benjamin Voigt (für den Vorstand des ADFC Essen e.V.)
Heino Saling (für das Kernteam des RadEntscheid Essen)
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Nachtrag: Die NRZ berichtet: “Parken auf der Margarethenhöhe: Gegen Stadtvorschlag gibt es Widerstand” (29.10.2025; hinter der Bezahlschranke)