BUND-Kreisgruppe Essen

Schnick-Schnack-Schnuck der Arten: Warum schlägt die Wildwiese das Brombeergebüsch?

06. August 2020 | Naturschutz, Wildbienen

Anlässlich der Meldungen zur Wildwiese ergaben sich Diskussionen, warum die Projektleitung Brombeere und Schwarzen Nachtschatten so konsequent auf der Fläche beseitigt und wie das ökologisch begründet wird.

 (Marie-Rose Joos)

Vor solche Entscheidungen sind wir als Naturschutzverbände ebenso wie Verwaltungen immer wieder gestellt: die eine Art gegen die andere „ausspielen“ zu müssen.

Zunächst schauen wir uns die Verbreitung von Brombeere und Schwarzem Nachtschatten selbst an: Beide sind überall häufig, bedürfen also keines Schutzes. Von den Wildbienen, für die die Wildwiese angelegt wurde, sind dagegen seit Jahrzehnten alle Arten geschützt. Man darf sie weder fangen noch ihre Brutstätten zerstören, da sie als Bestäuber eine wichtige ökologische wie ökonomische Rolle spielen (20 Prozent unserer Nutzpflanzen werden von ihnen bestäubt). Von den 560 Arten in Deutschland, die die meisten Menschen kaum als Bienen erkennen werden, sind aktuell bereits 197 gefährdet, 31 vom Aussterben bedroht und 42 auf der Vorwarnliste, nach diesen Zahlen also 48,5 Prozent mehr oder weniger in ihrem Bestand gefährdet. Das liegt zum einen am Verlust von Nahrungspflanzen, da crica ein Drittel der Wildbienen auf sehr wenige Arten oder eine Gattung an Nahrungspflanzen spezialisiert sind, die oft auf (seltenere) magere Standorte angewiesen sind. Fehlen zum Beispiel den Seidenbienen Glockenblumen, haben diese im Fachjargon oligolektisch genannten Bienchen keine Nahrungsgrundlage mehr und verschwinden.

Bei diesem Schnick-Schnack-Schnuck zwischen den Pflanzenarten gewinnen weder die Brombeere noch der Schwarze Nachtschatten, weil auf dem Nachtschatten praktisch keine Wildbienen sammeln, auf der Brombeere nur Arten wie zum Beispiel Hummeln, die über ein breites Nahrungsspektrum verfügen, was jede*r beobachten kann, der*die den Balkon mit Sundaville oder Schwarzäugiger Susanne bepflanzt hat und zuschaut, wie sich die Hummeln an diesen tropischen Blüten abarbeiten. Hummeln sind also im Unterschied zu oligolektischen Arten nicht genetisch auf bestimmte Futterpflanzen spezialisiert.

Das zweite Problem der (nicht staatenbildenden) Wildbienen sind die Nistmöglichkeiten: Die solitären Wildbienen finden immer seltener die für jede Art typischen Nistmöglichkeiten, z. B. in markhaltigen Stängeln der passenden Größe, in Wurmgängen in Holz oder in lehmigem nacktem Boden. Es gibt jede Menge Nisthilfen fertig zu kaufen, aber viele sind gänzlich ungeeignet (wenn Bohrungen im Holz Grat aufweisen, der den Bienen die Flügel zerstören würde) oder kommen ausschließlich anderen Insekten zu Gute, die nicht besonders selten sind, wie z. B. Blattläuse eintragenden kleinen Grabwespen, die einigen Seidenbienen zum Verwechseln ähnlich sehen. Daher ist Selbstbau eine lohnende Alternative, was die Kinder- und Jugendgruppen der Farm im Winter realisieren können..

Dazu interessant ist die Neuauflage des Wildbienenbuchs von Westrich, 2015. Wir haben das Buch für den BUND angeschafft, man kann es gern bei Arnd ausleihen.

Noch einmal zurück zur Brombeere: Auch wenn sie gegen die Arten der Wildwiese verliert, heißt das nicht, dass Brombeeren ohne Wert für Wildbienen sind. Wo sie wuchern, blühen und von Grün & Gruga zurückgeschnitten werden, bieten sie in den beschnittenen Ranken Nistraum für stängelbewohnende Wildbienenarten. Daher ist die Brombeere z. B. im Begleitgrün von Wegen oder an Bahndämmen ökologisch sehr wertvoll. Und vom Weg aus einen Nachtisch zu pflücken, ist auch nicht zu verachten. Grundsätzlich wären sie auch für Vögel ein geeignetes Futter, um sich vor dem Abflug nach Süden leicht mit Kohlenhydraten zu versorgen; nur leider kommen diese Vogelarten aktuell in den Städten kaum mehr vor – z. B. der Star, der vor einigen Jahrzehnten noch für Besitzer von Obstbäumen jedes Jahr aufs Neue eine Quelle des Ärgers war, ist heute nur noch sehr selten anzutreffen.

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