1984 wurden Grüne (damals Grün-Alternative-Liste, GAL) erstmals in den Essener Rat und die meisten Bezirksvertretungen gewählt. Der Rückblick auf dieses Ereignis fand bei der Jubiläumsveranstaltung von Grünem Kreisverband und Grüner Ratsfraktion mit zahlreichen positiven wie negativen Erinnerungen einen durchaus würdigen und für jüngere Menschen erhellenden Rahmen.
Zum Rückblick trugen auch zahlreiche Vertreterinnen anderer Parteien bei, die sich vom Oberbürgermeister über mehrere Dezernenten bis zum ehemaligen Stadtdirektor Christian Hülsmann die Ehre gaben.
Die Entwicklung der Umweltbewegung wie auch der Partei sind seit den frühen 1980er Jahren inhaltlich wie personell vergleichsweise eng verknüpft. Dennoch lässt sich eine zunehmende Entfremdung in den letzten Jahren nicht übersehen.
Für den BUND hat Vorstandsmitglied Andreas Bolle, selbst Gründungmitglied der GAL, Erwartungen der Umweltbewegung an Politik – und ausdrücklich nicht nur an die GRÜNEN, sondern an jede fachlich ernst zu nehmende Partei – in fünf Aspekten auf den Punkt gebracht (nachfolgend etwas ausführlicher als auf der Veranstaltung):
- Genauer hinschauen, wenn die Verwaltung Vorlagen in die Ausschüsse und Bezirksvertretungen bringt. Fragen wie "reicht das, um beschlossene Ziele zu erreichen" und „welche Alternativen wurden geprüft und verworfen und warum“ müssen Standard werden. Durchwinken des ewig gleichen („wir sind auf einem guten Weg“) kommt Politikverweigerung gleich. Jede wesentliche Entscheidung bedarf einer öffentlichen Begründung.
- Nachhalten was tatsächlich passiert, wenn ein Beschluss gefasst wurde, nach dem Sachstand des schon Beschlossenen fragen.
Denn: Auch und gerade aus dem Scheitern lässt sich lernen! Und „Konzepte für die Schublade“ gibt es schon viel zu viele. - Mitwirken an Zielbestimmungen und Maßnahmen, um letztere in Politik und Gesellschaft zu verankern. Die Bezirksvertretungen z.B. könnten viel mehr leisten. Wenn die Fachkompetenz beim konkreten Thema fehlt: fragen!Konkretes Beispiel aus der aktuellen Politik: Der Masterplan Stadtgrün bietet zahlreiche Ansätze der bezirkspolitischen wie auch bürgerschaftlichen Mitwirkung.
- Strategisch arbeiten und das heißt: Proaktiv statt – wie derzeit – fast immer reaktiv. Und das heißt auch, nach den Stellschrauben zu suchen. Und dem Dreieck Bürger-Verwaltung-Politik viel mehr substantielle Aufmerksamkeit zu widmen. Die Umweltverbände können hier glaubwürdige Mittler sein.
- Kommunikation verbessern (intern, in vertraulichen Kreisen und in die gesamte Gesellschaft). Dazu gehört, dass Grünen eigene Medien brauchen, sich aber auch denen der Bewegung bedienen können und sollten (denn die in Essen vorherrschenden Funke-Medien werden das auch künftig nur sehr begrenzt leisten können und wollen, wie die Berichterstattung zur Rüttenscheider Straße verdeutlicht).
Zu allem genannten gehört, die Kompetenz außerhalb der Partei zu nutzen und frühzeitig und aktiv abzurufen. Die gibt es aber nur, wenn es der Erreichung von Zielen und nicht der Rechtfertigung des Status Quo dient, was sich immer wieder als „Haltungsfrage“ erwiesen hat.
Zusammenfassung: Bei der AfD reicht es, die vermeintlich richtigen Themen anzusprechen, um gewählt zu werden. Die richtigen Themen sprechen Grüne seit langen Jahren an, leider sind die Antworten nicht immer so, dass sie dem Ernst der Lage entsprechen. Umweltschutz in Essen braucht wieder eine auch politische Heimat. Die Grünen als Partei, aber insbesondere in den Gremien, sollten daran arbeiten, wieder ein Teil dieser Heimat zu werden.
Sie dürfen sich aber nicht in die Rolle der Alleinvertreter der gesellschaftlichen Transformation drängen lassen und alle anderen machen weiter wie gehabt.